Donnerstag, 19. Mai 2011

No rose without a thorn..............

                                                                                 
Viele Jahre ist es her, aber ich fühle immer noch den Schmerz dieser Zeit.
Es war die ganz normale Untersuchung, die Vorsorgeuntersuchung. 
Eigentlich ging ich wie alle Jahre frohen Mutes zu meinem Arzt des Vertrauens, wirklich in der Erwartung: Alles ist gut!
Es war ja immer gut, und ich war ja auch sehr verantwortungsbewusst, also, was sollte denn schon geschehen?

„Es tut mir sehr Leid, Ihnen dieses Mal nichts Erfreuliches sagen zu können, sehen sie hier, ein Knoten mit fortgeschrittenem Wachstum.“
„ Ich rate Ihnen dringend zur Operation, nur das gibt uns die Gewissheit, die endgültige Gewissheit, ob er gutartig oder bösartig ist.“

Diese Worte konnte ich nicht realisieren, ich wollte sie einfach nicht an mich heranlassen.

Ein vorübergehendes Gefühl einer Ohnmacht beschlich mich.
Es drehte sich alles, es war eine Situation, aus der man am liebsten aufwachen möchte, und einer sagt :“Guten Morgen, was hast du geträumt?“
Aber keiner hat mich geweckt, keiner hat an mir gerüttelt, nur der Arzt zog mich wieder in die Gegenwart.

Ich wollte eine schnelle Operation, eine sehr schnelle Gewissheit. Meine Kinder waren klein, mein Schmerz tief.

Gedankenversunken fuhr ich durch die Landschaft.

„Lieber Gott, lass mich nur noch einige Jahre mit meinen Kindern sein, nur noch so lange, bis sie mich nicht mehr brauchen.“

Mein ganzes Leben zog an mir vorbei.
Das soll es gewesen sein?
Eine schöne Kindheit, jetzt eigene, wundervolle Kinder, eine Traumfamilie. Wie soll ich es ihnen sagen?
Die Zeit bis zur Operation schlich nur so dahin.
Gutartig, bösartig?

Diese Worte waren in mein Hirn gemeißelt. Gut, die Erlösung! Böse, das Ende?

Ich stand am Fenster meines Krankenzimmers, es war der Abend vor der Operation.
Ich musste das Fenster schließen.
Angst hatte ich, unüberwindbare Angst.
Nein, keine Angst davor, mein Leben zu verlieren, ich hatte Angst, nicht mehr für meine Lieben da sein zu können.
„Frau Müller, Ihre „Scheiß-Egal-Pille“, Sie müssen zur Ruhe kommen!“
„Ja, ich weiß, aber wo ist der Knopf? Nennen Sie mir den Knopf, den Aus-Knopf, bitte....!“
„Hier ist er, zumindest für eine Nacht.“ „Danke.“
Ich nahm dieses winzige Etwas, das Bündel Chemie, in der Hoffnung, wirklich für kurze Zeit wegtreten zu können!

Wenige Sekunden, tiefe Dunkelheit, Ruhe!

„Guten Morgen Frau Müller, aufwachen.“
„Wie war Ihre Nacht?“
„Oh, ich habe nichts gespürt, nichts geträumt.“
„Bitte ziehen Sie den Kittel an und die Haube, dann nehmen Sie Pille Nr. 2, es wird schon.“ 
„Ja, es wird schon..., ich weiß....“
Ich vernahm nur noch im Nebel die Anweisung, die Unterlage zu wechseln.
Der OP-Tisch war hart.

Augenblinzeln, Infusion, fremde Leute. 
Ein Raum, viele Schwestern. Ich war aufgewacht!
Der Griff an meine rechte Seite, alles war noch da, Gott sei Dank!

Tiefer Schlaf, Benommenheit.
Ein Rollen. Die Fahrt ins Krankenzimmer.
Und da war sie doch wieder, die Ungewissheit.....War es gutartig? Oder bösartig?
Sicher nicht ganz bösartig!
Sie ist noch da, ich habe sie gefühlt!

Ein langersehnter Besuch, der Arzt. „Wir müssen auf das histologische Ergebnis warten, die Untersuchung der Gewebeprobe gibt uns Gewissheit.“ „So viel Geduld müssen wir noch aufbringen, Frau Müller.“ „Sie schaffen das, aber der Knoten ist entfernt.“

Bald war  Ostern. Sonst war es ein Fest der Freude: Osterhasen, Eier verstecken, Eier suchen.
Warum ist es dieses Jahr anders?
Ich möchte es wegwischen, es geht nicht. Ich liege hier und habe Angst, tiefe Angst.

Wir hatten Angst, denn auf dem Flur sprachen wir zusammen. 
Alle warteten, warteten auf das Ergebnis, das endgültige Ergebnis.

Besuch der Kinder, der Freunde.

Schweres Herz, vernichtende Gedanken. Wo war das positive Denken?

Es war ein Tag vor Karfreitag, am Samstag sollte die Entlassung sein, aber heute war der Tag der Wahrheit.

Ich konnte nichts essen, nichts trinken, ich wartete.

Bauchschmerzen.

Einmal die Gedanken, was wird, wenn das Ergebnis positiv ist? Dann das Spüren der Erleichterung, wenn es nicht so ist.
Aber die Prognose schaltete bei mir auf schwarz, tiefschwarz.

Jemand klopfte an die Tür.
“ Herein!“ 
„Hallo Herr Dr. Jaris, wie geht es Ihnen?“ „Gut, danke, Frau Müller, wir haben ihr Ergebnis...“
Herzklopfen , Schwitzen, Taumelgefühl...! „Ja, und, was hat es ergeben?“
„Frau Müller, Sie haben Glück gehabt, es war eine gutartige Geschwulst, herzlichen Glückwunsch, Sie dürfen am Samstag gehen.“
Endlose Tränen, wochenlanges Bangen löste sich auf, die feste Umarmung, die übergroße Freude!.......gutartig..!
(Eine Geschichte aus meinem Manuskript "Glück gehabt.....")



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